Hamburg (em/lm) Psychotricks sind wie Lotterien: Jeder träumt vom großen Gewinn, aber der Einsatz lohnt sich eigentlich nie. Dennoch begegnen uns Psychotricks, also Manipulation oder versteckte Winkelzüge, im Berufsalltag immer wieder. Aber warum eigentlich? Die erste Antwort auf diese Frage ist verhältnismäßig banal: Weil Psychotricks oftmals funktionieren. Zumindest einmal oder kurzfristig. Damit ist ja in vielen Fällen das Ziel schon erreicht, denn es geht häufig nur darum, einen schnellen Erfolg einzufahren. Wir wollen den nächsten Monatsabschluss positiv hinbekommen. Die aktuelle Jahresbilanz erfolgreich präsentieren, den Vorstand schnell mal zufrieden stellen, den anstrengenden Mitarbeiter erst einmal ruhigstellen, die nächste Wahl gewinnen, den nächsthöheren Job bekommen, das drohende Fiasko erst einmal abwenden und vieles andere mehr. Und somit wäre ja mit einem psychologischen Trick schon mal viel gewonnen; später können wir dann ja immer noch weitersehen. Hauptsache, die Kuh ist erst einmal vom Eis. Führung ist kein leichtes Geschäft Die Grundmotivation für den Einsatz von Psychotricks kann allerdings sehr unterschiedlich sein. Führung bedeutet oftmals, Menschen zu etwas zu veranlassen, was sie von allein nicht getan hätten. Denn wenn sie es aus eigenem Antrieb täten, bräuchte man ja keine Führungskraft mehr dafür. Manchmal gibt es auch Führungskräfte, die ihre manipulativen Tricks ganz bewusst einsetzen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Sie wollen ihre eigene Machtposition durchsetzen, Umwege abkürzen oder unliebsame Hemmnisse umgehen. Sie sind davon überzeugt, dass dies ein sinnvoller und Erfolg versprechender Weg ist. Eventuelle Nachteile, die ihr Handeln mit sich bringt, werden entweder bewusst in Kauf genommen, ignoriert oder überhaupt nicht wahrgenommen. Berechnung, Verzweiflung oder Naivität Oftmals werden Psychotricks in vollem Bewusstsein eingesetzt; entweder aus eiskalter Berechnung oder aus verzweifelter Ratlosigkeit. Es gibt allerdings auch den Fall, dass Führungskräfte psychologische Tricks anwenden, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Dies ist dann immer der Moment, in dem der Mitarbeiter sich kopfschüttelnd fragt: „Weiß mein Chef eigentlich, was er da anrichtet?“ Und auch in diesen Fällen ist dann „gut gemeint“ genau das Gegenteil von „gut gemacht“, denn der Zweck heiligt keinesfalls immer die Mittel. Wenn Chefs wüssten, was solche Taschenspielertricks bewirken, würden sie sich vermutlich anders verhalten. Der Griff in die Psychotrickkiste Manipulationsversuche werden von Mitarbeitern in den meisten Fällen jedoch sehr schnell durchschaut. Selbst, wenn sich der Chef für besonders listig und ausgebufft hält, haben seine Mitarbeiter den Braten schon längst gerochen. Das liegt schlichtweg daran, dass auch die meisten Mitarbeiter über ihre eigene Berufs- sowie Lebenserfahrung verfügen und mit einer gewissen Grundintelligenz ausgestattet sind, was in Fachkreisen auch als „gesunder Menschenverstand“ bezeichnet wird. Vielfach sind Mitarbeiter ebenfalls mit allen Wassern gewaschen und besitzen selbst auch ihre eigene Psychotrickkiste. Einmal enttäuscht – für immer verloren. Das weite Feld der psychologischen Tricks beinhaltet Faszination und Fluch gleichermaßen. Dem Wunsch nach einer schnellen Lösung, die der eigenen Vorstellung möglichst vollumfänglich entsprechen soll, steht der Beigeschmack von Manipulation und Gutsherrentum gegenüber. Hier besteht immer die Gefahr, dass die wichtigen Prinzipien von Ethik und Anstand auf dem Altar des kurzfristigen Erfolgs geopfert werden. In den allermeisten Fällen wiegt jedoch der kurzfristige vermeintliche Erfolg, den wir uns durch den Manipulationsversuch erkaufen, den damit einhergehenden späteren Vertrauensverlust nicht auf. Der hohe Preis der Manipulation kommt dann allerdings erst später so richtig zur Geltung. Der Bumerang kommt zurück Wer sich als Mitarbeiter von seinem Chef über den Tisch gezogen, ausgenutzt oder manipuliert fühlt, ist davon in der Regel nicht begeistert oder von großer Dankbarkeit erfüllt. Ganz im Gegenteil. Manager müssen mit einer ganzen Reihe von Sturmschäden, Nebenwirkungen und Folgekosten rechnen. Da gibt es eine Vielzahl von denkbaren Reaktionen, die in ihren Auswirkungen alle nicht besonders attraktiv für Führungskräfte bzw. Unternehmen sind. Unzufriedene Mitarbeiter kosten Unternehmen jährlich etwa 105 Mio. Euro – allein in Deutschland. Wer Fehlzeiten, Fluktuation und Reibungsverluste durch innere Kündigung, Burnout oder Unzufriedenheit vermeiden will, setzt auf einen Führungsstil auf Augenhöhe – und verzichtet auf Psychotricks. So hat man gegenüber seinen Wettbewerbern, langfristig die Nase vorn.