Pessimistische Geschäftserwartungen prägen das Konjunkturklima in Schleswig-Holstein. Obwohl die aktuelle Lage in den Betrieben noch recht stabil ist, hat sich die Stimmung unter den Unternehmen im Norden im Vergleich zum ersten Quartal 2022 erneut verschlechtert: Der IHK-Konjunkturklimaindex sinkt im zweiten Quartal von 86,5 auf 84,7 Punkte und liegt damit weiterhin deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 110,4 Punkten. Auf Energieknappheit, Lieferengpässe und enorme Preisanstiege reagieren die Betriebe mit der Weitergabe der gestiegenen Preise und einer erhöhten Lagerhaltung – und verstärken damit das inflationäre Geschehen weiter.

„Der Blick in die Zukunft bleibt sorgenvoll. Energie und Rohstoffe sind bereits knapp. Jedoch beschäftigt die Unternehmen momentan vor allem die Befürchtung, dass sich diese Situation noch verschärfen könnte“, sagt Hagen Goldbeck Präsident der IHK Schleswig-Holstein, der Landesarbeitsgemeinschaft der IHKs Flensburg, Kiel und Lübeck. „Umso wichtiger ist es, jetzt schnell und verlässlich Klarheit zu schaffen, wer wann mit Einschränkungen seiner Energieversorgung und damit seiner Produktion zu rechnen hat, die Planungs- und Genehmigungsverfahren schnell und merklich zu beschleunigen – und bis dahin alle verfügbaren Potenziale zur Energieerzeugung zu nutzen.“

Die befragten Unternehmen seien besonders mit Blick auf die Energieversorgung verunsichert. Dies gelte für Industrie, Baubranche, Handel und Dienstleistung gleichermaßen. „Der Handel blickt außerdem mit Sorge auf das Konsumklima, das sich infolge der Inflation ebenfalls stark eingetrübt hat“, so Goldbeck. Den Umfrageergebnissen zufolge machen den Betrieben auch Personalengpässe zu schaffen. Diese wiederum wirken sich vor allem negativ auf die Erwartungen und Preise der Verkehrsbranche aus.

Bei den Unternehmensplänen ergibt die aktuelle Umfrage der IHK Schleswig-Holstein kaum Veränderungen im Vergleich zum Vorquartal. Etwas zurückhaltender sind die Unternehmen bei ihren Beschäftigungsaussichten: Nur 15 Prozent rechnen mit steigenden, 68 Prozent mit gleichbleibenden Beschäftigungszahlen. Auch Investitionsabsichten bleiben nahezu unverändert mit einem leichten Aufwärtstrend: Fast die Hälfte der Betriebe will das Investitionsniveau halten, immerhin 27 Prozent beabsichtigen im kommenden Geschäftsjahr sogar mehr zu investieren.

Nach wie vor sind die Unternehmen in Schleswig-Holstein von Lieferengpässen betroffen. Das knappe Angebot von Vorprodukten macht sich in nahezu allen Branchen bemerkbar, 89 Prozent der Unternehmen berichten von Schwierigkeiten bei der Lieferung benötigter Produkte. 99,6 Prozent der Betriebe im verarbeitenden Gewerbe klagen über Lieferengpässe. Lediglich in der Dienstleistungsbranche gibt es einen größeren Anteil von Unternehmen, die sich nicht in einer Engpasssituation befinden (27 Prozent). Die Lieferprobleme führen zu höheren Einkaufspreisen (76,9 Prozent) und längeren Wartezeiten (72 Prozent). Im verarbeitenden Gewerbe steigt zudem der Planungsaufwand beträchtlich (71,1 Prozent). Die Unternehmen passen als Reaktion auf diese Mangelsituation ihre betrieblichen Maßnahmen an und sehen sich gezwungen, Preiserhöhungen an ihre Kunden weiterzugeben (64,6 Prozent). Mehr als die Hälfte der Befragten (55,8 Prozent) reagiert auf das knappe Angebot mit einer Erhöhung der Lagerhaltung, die wiederum die Nachfrage nach den Produkten noch weiter anheizt. Knapp die Hälfte sucht nach anderen oder weiteren Lieferanten (49,9 Prozent).