Itzehoe (em) Das Landgericht Itzehoe und die zum Bezirk gehörenden vier Amtsgerichte in Meldorf, Itzehoe, Elmshorn und Pinneberg bieten Rechtsschutz in der ordentlichen Gerichtsbarkeit für etwa 572.000 Menschen in den Kreisen Steinburg, Dithmarschen und Pinneberg. Insgesamt über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind damit beschäftigt, die vielfältigen Aufgaben im Bereich der Rechtspflege zu bewältigen. Hierzu gehören 97 Richterinnen und Richter, 92 Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger und rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Bewährungshilfe, als Gerichtvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher, in den Serviceeinheiten und den Wachtmeistereien tätig sind. Nach den Richterstellenanteilen betrachtet ist das größte Amtsgericht im Bezirk das AG Pinneberg (19 Stellen), gefolgt von den AG Itzehoe (15 Stellen), dem AG Meldorf (13 Stellen) und dem AG Elmshorn (11 Stellen). Am Landgericht sind 30 Richterplanstellen vorhanden. 1) Aktuelle Geschäftslage im Landgerichtsbezirk Die Zahl erstinstanzlicher Zivilsachen am Landgericht ist im Jahr 2018 im Vergleich zu den Vorjahren erneut, wenn auch nur in geringem Umfang, angestiegen. Am Landgericht gingen im Jahr 2018 1918 Verfahren ein (2017: 1914: 2016: 1800). Insgesamt dürfte sich daher der immer wieder diskutierte Rückgang von Zivilsachen für das Landgericht im Bereich etwas unter 2000 Verfahren pro Jahr stabilisiert haben. An den Amtsgerichten ging die Zahl neueingehenden der Zivilsachen dagegen einem langjährigen Trend entsprechend weiter zurück von 5912 auf 5411 Verfahren. Die Zahl der neueingehenden Berufungszivilsachen am Landgericht reduzierte sich von 346 im Jahr 2017 um fast ein Drittel auf 257 im Jahr 2018. Auch dies entspricht längerfristigen Entwicklungen. Dieser im Verhältnis zur Gesamtzahl der Zivilverfahren vorden Amtsgerichten sehr niedrige Wert zeigt die hohe Qualität und Überzeugungskraft der amtsrichterlichen Arbeit: nur in etwa 5 Prozent aller Fälle gehen eine oder beide Parteien überhaupt in die zweite Instanz! Die Zahlen für erstinstanzliche Strafsachen am Landgericht liegen mit 58 Eingängen auf einem konstant hohen Niveau. Im Jahr 2017 waren 64, im Jahr 2016 57 Eingänge zu verzeichnen. Leicht abgenommen hat die Zahl der Berufungsverfahren in Strafsachen von 123 Verfahren im Jahr 2017 auf 116 Verfahren im Jahr 2018. Die Gesamtzahl der Strafsachen an den Amtsgerichten ist von dem langjährigen Tiefststand aus dem Jahr 2017 (3068 Verfahren) deutlich angestiegen auf 3426 Verfahren und übersteigt damit sogar wieder die Werte aus den Jahren 2015 und 2016 (3303 und 3339 Verfahren). Insgesamt bleibt es bei der Feststellung aus dem letzten Jahr, dass die Zahl der Strafsachen an den Amtsgerichten über die Jahre hinweg im Wesentlichen konstant ist (2014: 3600, 2015: 3303, 2016: 3339, 2017: 3068, 2018: 3426). Der erfreulich niedrige Stand von Unternehmensinsolvenzen hat sich in diesem Jahr nach jahrelangem Absinken erstmals auf dem erreichten niedrigen Niveau stabilisiert. Mit 488 Verfahren liegt er ganz leicht über den Werten für das Jahr 2017 (478 Verfahren), aber immer noch weit unter den Werten aus den Vorjahren (2011: 828, 2015: 623). Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ist nochmals deutlich gefallen (2018: 580 Verfahren statt 2017: 694 Verfahren), ein Minus von rund 17 Prozent. Weiter gefallen ist auch die Gesamtzahl der Zwangsversteigerungen und Zwangsverwaltungen, die sich gegenüber 2011 mehr als halbiert hat (2011: 722 Verfahren, 2018: 303 Verfahren). Dies ist eine erfreuliche Entwicklung, die sich weiterhin an allen Amtsgerichten im Bezirk zeigt. Die Gesamtzahl der Verfahren in Familiensachen liegt bei 4281. In diesem Jahr gingen die Eingänge hier nahezu im ganzen Landgerichtsbezirk zurück, wobei als Ausnahme hierzu am Amtsgericht Itzehoe die Zahl der Verfahren unverändert blieb (952). DieAmtsgerichte Pinneberg und Meldorf sind dabei gegenüber den Amtsgerichten Itzehoe und Elmshorn die deutlich größeren Familiengerichte gemessen an den Verfahrenszahlen (Pinneberg: 1273; Meldorf: 1157; Itzehoe: 952; Elmshorn: 899). An den Amtsgerichten gab es im Jahr 2018 9444 laufende Betreuungsverfahren, was im Vergleich zum Vorjahr einen erheblichen Anstieg um mehr als 300 Verfahren bedeutet (2017: 9126; 2018: 9444). Es ist zu vermuten, dass diese Entwicklung zum Teil schon auf die deutlich stringenteren Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf den Richtervorbehalt für Fixierungen von Patienten zurückgeht. Die Verfahrenszahlen in Nachlass- und Testamentssachen stiegen von 8961 im Jahr 2017 wieder an auf 9279 Verfahren, während die Geschäftszahlen der Bewährungshilfe mit 810 Probanden nahezu konstant blieben, auch wenn über die Jahre hinweg beider Bewährungshilfe ein Trend hin zu weniger unter Bewährung stehenden Personen zu erkennen ist (2018: 810, 2014: 875, 2011: 954). 2) Ausgewählte Zahlen zu Einnahmen und Ausgaben der Amtsgerichte und des Landgerichts Itzehoe Insgesamt haben das Landgericht und die Amtsgerichte im hiesigen Bezirk im Jahr 2018 rund 22,9 Millionen EUR an Gerichtskosten und Auslagenvorschüssen eingenommen, was nach dem niedrigen Wert aus dem Jahr 2017 eine Rückkehr zum Stand desJahres 2016 (22,8 Millionen EUR) bedeutet. Am Landgericht stellen die Einnahmen in Zivilsachen mit etwa 2,73 Millionen EUR (von Gesamteinnahmen des Landgerichts in Höhe von rund 2,77 Millionen EUR) erneut den größten Anteil dar. Als Ausgaben in Rechtssachen sind bei den Gerichten im Bezirk Itzehoe im Jahre 2018 18,35 Millionen EUR angefallen, ein Wert, der nahezu derselbe ist wie 2017[1]. Die größte Ausgabenposition machen die bei den Amtsgerichten anfallenden Kosten im Bereich der Betreuungssachen aus, die mit 7,63 Millionen EUR gegenüber 2017 (7,37 Millionen EUR) nochmals angestiegen ist. Darin sind im Wesentlichen die Auslagen und Vergütungen der Berufsbetreuer und der ehrenamtlichen Betreuer enthalten, die anfallen, wenn der einzelne Betroffene kein hinreichendes Vermögen hat. Ein weiterer großer Teil der Ausgaben aller Gerichte entfällt auf die Gebühren und Auslagen der Prozesskostenhilfe[2], die sich im letzten Geschäftsjahr auf 3,08 Millionen EUR beliefen. Während das Landgericht verhältnismäßig geringe Ausgaben in diesemBereich hat (175.629 EUR), erbrachten die Amtsgerichte hier im letzten Jahr zwischen 575.318 EUR (Amtsgericht Elmshorn) und 987.845 EUR (Amtsgericht Meldorf). Die erhebliche Bedeutung von Sachverständigengutachten in den gerichtlichen Verfahren wird dadurch deutlich, dass dies der insgesamt zweitgrößte Ausgabenposten ist. Insgesamt wurden hierfür im Jahr 2018 rund 3,76 Millionen EUR ausgegeben, ein Anstieg gegenüber 2017 (3,64 Millionen EUR). Die Sachverständigen werden in den verschiedensten Bereichen eingesetzt und befähigen die Gerichte mit ihrer Sachkunde etwa in medizinischen oder technischen Angelegenheiten eine Entscheidung fällen zu können. 3) Tätigkeitsschwerpunkte des vergangenen Jahres Im Jahr 2018 setzt sich die Beobachtung fort, dass am Landgericht Itzehoe Verfahren von Anlegern wegen der Behauptung falscher Beratung rund um Geldanlagen jedes Jahr eine erhebliche Rolle spielen. Nachdem schon die letzten Jahre durch Folgeverfahren von Anlegern in Zusammenhang mit der Prokon-Insolvenz geprägt waren, sind im Jahr 2018 wiederum 125 Verfahren eingegangen, die mit Geldanlagen in diesem Zusammenhang zu tun haben. Dies bedeutet, dass allein diese Verfahren im Jahr 2018 etwa 7 Prozent aller Verfahren am Landgericht in Zivilsachen ausgemacht haben. Dabei ist zu bedenken, dass diese Verfahren typischerweise innerhalb eines kurzen Zeitraums geballt eingehen, was zu einer ganz erheblichen Arbeitsbelastung führt. Gleichzeitig haben die Kammern des Landgerichts alle im Jahr 2018 eingegangen Verfahren dieses Komplexes bereits erledigt. Das Jahr 2018 war weiter geprägt von der Ab- und Aufarbeitung der Fälle im Zusammenhang mit dem Dieselskandal. Insgesamt sind im Jahr 2018 etwa 315 Verfahren allein zu dem Komplex von Fahrzeugen der Marke Volkswagen beim Landgericht neu eingegangen. Insgesamt gab es rund 380 „VW-Verfahren“ am Landgericht. Stand Mai 2018 laufen davon noch etwa 240, die übrigen Verfahren sind mittlerweile erledigt worden. 4) Verfahren in Zivilsachen – mit Beispielsfall Wie die Zahlen oben zeigen, liegt ein Schwerpunkt der gerichtlichen Arbeit im Bezirk auf der Erledigung von Zivilsachen. In diesem Bereich werden etwa doppelt so viele Prozesse geführt wie im Strafrecht. Dennoch sind diese Verfahren der Öffentlichkeit vielweniger bekannt. Die Themen der Zivilverfahren sind sehr unterschiedlich und reichen von Schadensersatz nach Verkehrsunfällen, Mietsachen und Nachbarschaftsstreitigkeiten bis hin zu Arzthaftungsfällen oder Staatshaftung. Das Landgericht möchte in Zukunft stärker auch Fälle aus diesem wichtigen Bereich der Gerichtsarbeit an die Presse herantragen. Gleichzeitig laden wir Sie herzlich ein, jederzeit nachzufragen, ob es an dem für Ihr Medium relevanten Gericht interessante Zivilsachen gibt, über die Sie berichten könnten. Der folgende Fall „Eine Ehemann und viele traumatisierte Rinder“ soll beispielhaft zeigen, was es gerade im Gebiet der Zivilsachen für ungewöhnliche Fälle gibt: In einem im Jahr 2018 beim Landgericht eingegangenen Verfahren klagte ein Landwirt gegen einen frischgebackenen Ehemann. Der Landwirt hielt auf einer Weide über 20 Rinder. Der Ehemann hatte in der Nähe seine Hochzeit gefeiert. Dabei wurde – ob vom Ehemann oder von Gästen, blieb offen – nachts ein nicht genehmigtes Feuerwerk abgebrannt. In dieser Nacht brachen 13 Rinder von der Weide aus und mussten – auch mit Hilfe der Polizei – wieder eingefangen werden. 4 Tiere drangen bis nach Itzehoe vor. Der Landwirt machte nun die Kosten für das Einfangen der Rinder geltend. Vor allem wollte er aber einen Ausgleich, weil das Feuerwerk das Urvertrauen der Tiere zerstört habe. Sie könnten deshalb nicht mehr für Milchgewinnung genutzt werden. Für eine Ganztagsbetreuung der Rinder seien viel Arbeit und Kosten entstanden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es davon ausging, dass es keine ersatzfähigen Körperschäden an den Rindern gegeben habe. Etwaige psychische Beeinträchtigungen der Rinder habe der Landwirt nicht konkret genug geschildert. Es stehe auch nicht fest, dass die geschilderten Probleme sich gerade wegen des Feuerwerks ergeben hätten. Dass der Ehemann das Feuerwerk veranlasst habe, um die Rinder bewusst zu verstören, liege fern. 5) Gefangenenzuführung Im November 2018 konnte mit dem Bau der Gefangenenzuführung am Landgericht Itzehoe begonnen werden. Der Neubau wurde dem Landgericht im Januar 2019 zur Nutzung übergeben. Die Errichtung der Zuführung erfolgte im Rahmen des sog. „Sicherheitskonzepts für Gerichte und Staatsanwaltschaften“. Bislang erfolgte die Zuführung der Gefangenen zu Strafterminen im Landgericht Itzehoe in aller Öffentlichkeit, so dass Zugriffe auf die Gefangenen durch Dritte möglich und denkbar waren und ein Sicherheitsrisiko darstellten. Die fertig gestellte Gefangenenzuführung erleichtert die Arbeit der Justizwachtmeister des Landgerichts, der Justizvollzugsbeamten der JVA Itzehoe und den reibungslosen und gesicherten Ablauf bei Haftsachen insgesamt deutlich. Nils Meppen Pressesprecher [1] Einschränkend sei darauf hingewiesen, dass dieser Wert nur die Auslagen der Gerichte in Rechtssachen enthält, also die Kosten, die die Gerichte auf Grund gesetzlicher Verfahrensvorschriften ausgeben. Nicht enthalten sind die darüber hinaus anfallenden erheblichen Personalkosten sowie die für den Betrieb der Gebäude und des Geschäftsbetriebs erforderlichen Sachmittel. [2] Prozesskostenhilfe erhält eine Partei, welche eine Klage mit Erfolgsaussicht erhebt oder sich mit Erfolgsaussichten gegen eine gegen sie erhobene Klage verteidigen möchte, wenn sie nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Foto: © Landgericht Itzehoe