Neumünster „Der Arbeitsmarkt in Mittelholstein war im Jahr 2023 geprägt von wirtschaftlichen Belastungen und Unsicherheiten. Folgen der geopolitischen Krisen, der Inflation und der schwächeren Wirtschaftsentwicklung machten sich bemerkbar. Trotzdem behauptete der Arbeitsmarkt sich gut: Im Jahr 2023 waren zwar 844 mehr Menschen arbeitslos als im Jahr zuvor.

Jede/r Ein-zelne ist zu viel, aber wir liegen trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen unterhalb des Niveaus aus dem Jahr 2021. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat weiterhin leicht zugenommen“ so Thomas Steiger, Leiter der Agentur für Arbeit Neumünster und macht deutlich: „Der Arbeits- und Fachkräftebedarf hat sich branchenübergreifend fortgesetzt. Unternehmen halten daher möglichst an ihren Beschäftigten fest, sind aber zurückhaltender in der Nachfrage nach neuem Personal geworden. Wer ohne nennenswerte berufliche Qualifikation arbeitslos wurde, hatte es schwerer, eine neue Arbeitsstelle zu finden.“  

Arbeitslosigkeit in Mittelholstein gestiegen
Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Vergleich zum Vorjahr im Jahresdurchschnitt 2023 um 9,3 Prozent auf 9.907. Dieses Niveau ist höher als in der Zeit vor der Pandemie und dem Ausbruch der kriegerischen Auseinandersetzungen. 2019 gab es im Jahresdurchschnitt 8.983 Betroffene. Nach einer Erholung am Arbeitsmarkt ab Frühjahr 2021 führten die Auswirkungen der Krisenherde nun zu einer moderat schlechteren Lage am Arbeitsmarkt. 

Ein differenziertes Bild zeigt sich allerdings in den beiden Rechtskreisen: Die Arbeitslosigkeit im Rechtskreis SGB II (Bürgergeld) liegt über dem Niveau des SGB III (Arbeitslosengeld I). Im Jahresdurchschnitt 2023 liegt die Arbeitslosigkeit im SGB III bei 3.308 Personen (plus 163 oder 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr), im SGB II bei 6.599 Personen (plus 681 oder 11,5 Prozent).  

Insgesamt betroffen vom Abwärtstrend waren alle Personengruppen. Besonderen Zuwachs verzeichnete die Zahl der betroffenen Ausländer/innen. Ihre Zahl stieg im Jahresvergleich um 545 oder 24,0 Prozent. Die Zahl der arbeitslosen Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung erhöhte sich um 610 oder 11,4 Prozent. „Schulbildung, berufliche Ausbildung und Qualifizierung sind mir wichtig! Wir möchten alle Personen unterstützen, die hier Nachholbedarf haben und die können und wollen“ betont Steiger.  

Die Langzeitarbeitslosigkeit ist im Jahresdurchschnitt 2023 nicht nennenswert gestiegen (plus 23 oder 0,7 Prozent), wobei dies in deutlich größerem Umfang den Rechtskreis SGB II (plus 11,2 Prozent) betrifft.  

Der Bestand an Arbeitslosen ist abhängig von der Zahl der Zugänge in und der Abgänge aus Arbeitslosigkeit. Die Entwicklung der Erwerbstätigkeit und der Umfang des Einsatzes arbeitsmarktpolitischer Instrumente beeinflussen sie maßgeblich. Abgänge in Erwerbstätig-keit erfolgten in 2023 vorwiegend in die Bereiche Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistun-gen*, Handel und Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, Gesundheit und Sozi-ales und in die Arbeitnehmerüberlassung.  
Bewegungen in bzw. aus Arbeitslosigkeit entstehen aber beispielsweise auch durch eine kurzfristige Arbeitsunfähigkeit, die Teilnahme an Integrationskursen, Ausbildung, einer Qualifizierungsmaßnahme oder Ortsabwesenheit. Das absolute Niveau der Zu- und auch Abgänge in bzw. aus Arbeitslosigkeit zeigt, dass die Dynamik am Arbeitsmarkt abgenommen hat. 

In 2023 stieg die Zahl der Personen, die nach einer Erwerbstätigkeit arbeitslos wurden, im Vergleich zum Vorjahr an (9.178 / plus 4,4 Prozent). Die Abgänge aus Arbeitslosigkeit in Er-werbstätigkeit sind leicht angestiegen (7.685 plus 2,7 Prozent).  

Die Zuwanderung Geflüchteter, insbesondere die Zuwanderung geflüchteter Menschen aus der Ukraine, die seit Mitte 2022 uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben und so auch zu den Arbeitslosen zählen können, hat die Zahl der Arbeitslosen erhöht. Gegenüber 2022 waren im Jahresdurchschnitt 545 ausländische Personen mehr arbeitslos (plus 24,0 Prozent).  

Zum Stichtag Dezember 2023 wurden in Mittelholstein 1.801 Personen aus der Ukraine im Rechtskreis SGB II betreut. 635 von ihnen waren arbeitslos gemeldet. 

Arbeitskräftenachfrage schwächte sich ab
Eine angespannte wirtschaftliche Lage, Verwerfungen durch Kriege und in der Folge Material- und Lieferengpässe, die steigende Inflation und hohe Energiekosten haben verunsichert und die Nachfrage nach Personal negativ beeinflusst. Das Risiko, seine Arbeitsstelle zu verlieren, war gering: Aufgrund des Arbeits- und Fachkräftebedarfs wollen Unternehmen ihr Personal halten. Die Chance, eine neue Stelle zu finden, hat sich aber ebenfalls verringert. Dies zeigt sich im Rückgang bei den Stellenzugängen. 
Für Mittelholstein gab es im Jahresdurchschnitt 2023 einen Zugang an gemeldeten sozial-versicherungspflichtigen Arbeitsstellen von 5.391 (1.880 weniger als im Vorjahr - minus 25,9 Prozent). Den größten Anteil an den gemeldeten Stellen hatte der Bereich Erbringung wirt-schaftlicher Dienstleistungen* (24,9 Prozent) gefolgt von der Arbeitnehmerüberlassung (16,5 Prozent). An dritter Stelle stand die Öffentliche Verwaltung (14,4 Prozent). Darauf folgt der Bereich Handel und Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (12,5 Prozent). 

Für die Stadt Neumünster zeigte sich ein Rückgang zum Vorjahr um 409 auf 2.046 gemeldete Stellen (minus 16,7 Prozent). Den höchsten Anteil an den gemeldeten Stellen hatte der Bereich Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (28,1 Prozent) gefolgt von der Arbeitnehmerüberlassung (23,2 Prozent). Darauf folgen der Bereich Handel und Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (15,7 Prozent) sowie die Öffentliche Verwaltung (13,4 Prozent). 

Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist gestiegen
Erfreuliche Nachrichten liefern die Daten zur Beschäftigung, die aktuell zum Stichtag 30.06.2023 vorliegen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Bezirk der Agentur für Arbeit Neumünster ist im Vergleich zum Vorjahresquartal (Stichtag 30.06.2022) um 1,1 Prozent auf 128.059 gestiegen. Dies betrifft ausnahmslos alle Wirtschaftsbereiche. Damit liegt Mittelholstein vor Schleswig-Holstein einem Wachstum von 0,8 Prozent.  

Den größten Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Mittelholstein hat das Gesundheits- und Sozialwesen (17,1 Prozent), gefolgt vom Handel und der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (16,9 Prozent), der Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen* (13,0 Prozent) und dem verarbeitenden Gewerbe (11,4 Prozent). Der Anteil der Zeitarbeit liegt bei 0,7 Prozent.   

Leicht erhöht hat sich die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten um 366 oder 1,9 Prozent auf 19.371.  
* Darunter finden sich z. B. die Bereiche Vermietung von beweglichen Sachen, Vermittlung- und Überlassung von Arbeitskräften, Reisebüros und -veranstalter, Wach- und Sicherheitsdienste, Gebäudebetreuung, Sekretariats- und Schreibdienste.

Ausblick
„Der Arbeitsmarkt entwickelt sich immer mehr zu einem Markt für Arbeitsuchende. Gesucht werden sowohl Arbeits- als auch Fachkräfte. Die demographische Entwicklung wird die Situation zusätzlich verstärken. Wie stark sich die aktuellen geopolitischen Krisen auswirken werden, kann niemand vorhersehen. Aber eine Gewissheit gibt es: Ausbildung und Qualifizierung sind die richtigen Antworten auf die sich rasch weiter entwickelnden Herausforderungen durch Digitalisierung, Automatisierung und Transformation“, so Steiger und fährt fort: „Wir arbeiten eng mit Bildungsträgern zusammen und bieten Qualifizierungs- und Weiterbil-dungsberatung für Arbeitnehmende und Arbeitgebende an. Für die eigene berufliche Orientierung bietet das Nationale Onlineportal für berufliche Weiterbildung meinNOW Anknüpfungspunkte (www.mein-NOW.de).