Neu Wulmstorf (em/kv) Jeden Montagmorgen das gleiche Bild landauf landab in Deutschland: lange Gesichter auf dem Weg zur Arbeit. Fröhlich untermalt von aufgekratzten Radiomoderatoren, die uns erzählen, dass es nur noch fünf Tage bis zum rettenden Wochenende sind. Oder nur noch acht Stunden bis zum wohlverdienten Feierabend. Dazu kommen die üblichen Montagsposts auf allen Socialmediakanälen, die der Fantasie keine Grenzen setzen. Da steht das „F“ in Montag für „Freude“ oder der Montag wird zu einer Art Dschungelprüfung ausgerufen … Auf der anderen Seite tummeln sich Trainer, Coaches und mehr oder weniger selbsternannte Gurus auf den gleichen Kanälen, denen zufolge man nur das tun muss, was einen glücklich macht und man müsse keinen Tag mehr arbeiten. Andere sind der Meinung, dass man nur den eigenen Hintern hoch kriegen müsse und dann würde alles schon von ganz alleine laufen. Aber was stimmt denn nun? Wer hat Recht? Und ist ein erfüllender Feierabend etwa nichts wert? Anja Niekerken verfolgt einen anderen Ansatz. Ihre klare Botschaft: es ist sowohl als auch. Das Leben ist eben vielschichtig, auch wenn wir gerne eine einfache Antwort hätten. Die gibt es leider nicht. Und sie setzt noch einen drauf: Für jeden gibt es eine individuelle Antwort. Was uns unsere Arbeit gibt Die Trainerin und Autorin gibt in ihrem neuen Buch Beispiele, wie selbst ein wirklich besch… er Job anderen Freude bereiten kann und damit auch dem Jobinhaber selbst. Denn Freude ist keine Einbahnstraße. Wer nicht rein gibt, der bekommt auch nichts raus. Und wer viel rein gibt der bekommt auch viel raus. Freude ist schließlich ansteckend. Darüber hinaus zeigt Anja Niekerken auf, was unsere Arbeit uns alles gibt, ohne das wir es überhaupt merken und sie stellt die längst überfällige Frage, ob wir unsere Arbeit manchmal nicht mit zu viel Sinn total überfrachten. Das bedeutet nicht, dass wir keine Erfüllung in unserer Arbeit suchen und finden sollen, es bedeutet vor allem zunächst einmal, dass wir lernen die Werbeslogans der Coachingund Sinnsucherindustrie von dem tatsächlich Machbaren zu unterscheiden. Und machbar ist so einiges, aber eben nicht alles. Bei normalen Konsumprodukten kennen wir das Spiel ja bereits: Shampoo lässt auf einer blanken Glatze die Haare auch nicht sprießen wie Unkraut und Margarine kann uns nicht vor Herzverfettung retten, wenn wir weiterhin einen ungesunden Lebensstil pflegen wollen. Wir müssen wieder lernen Das bedeutet nicht, das wir unsere Träume aufgeben und in unserer Arbeit keinen Sinn und keine Befriedigung mehr suchen sollen. Mitnichten! Es bedeutet lediglich, dass wir wieder lernen müssen, Werbeaussagen und schillernde Traumbilder von der Realität und dem tatsächlich Machbaren zu unterscheiden. Denn natürlich kann unsere Arbeit uns eine Menge geben, aber nur, wenn wir sie nicht komplett überfrachten mit Erwartungen, die vielleicht in einen ganz anderen Rahmen gehören und wenn wir aus ihr etwas machen, was sie nicht ist. Was ist Wirklichkeit und was nicht? Aber was ist Arbeit denn tatsächlich? Und ist sie überhaupt noch zeitgemäß? In einer Gesellschaft, in der jegliches Wissen nur einen Mausklick entfernt ist, wird es nicht einfacher diese Frage zu beantworten. Im Gegenteil: es wird schwerer. Denn auch das einen Mausklick entfernte Wissen stürzt ungefiltert auf uns ein. Was ist echt und was nicht? Was ist Wirklichkeit und was nicht? Was ist Wissenschaft und was ist Philosophie? Was ist von Konzernen lanciert? Und was dient tatsächlich dem Wohl des Einzelnen? Woran können wir glauben? Wonach sollen wir streben? Und wollen wir das überhaupt? Ist das Glück des Einen auch gleichzeitig das Glück des Anderen? Das Eine ist nicht besser als das Andere Fragen, auf die es wie so oft im Leben eben keine einfachen Antworten geben kann. Natürlich ist es erfüllend einer Berufung zu folgen. Es kann allerdings auch genauso erfüllend sein, einem Job nachzugehen und nach Feierabend seinem Herzen Raum zu geben. Das Eine ist nicht besser als das Andere. Aber wir lassen uns weiß machen, es wäre so. Beides hat seine Berechtigung und ist, solange wir nicht mit unserer Wahl hadern, erfüllend. Warum nicht nach den Sternen greifen? Der Autorin gefällt übrigens eine Mischung aus Beidem am besten! Warum nicht nach den Sternen greifen? Ein sinnvoller Job und ein erfüllender Feierabend. Das ist die Mischung, aus der ihre Träume sind. Allerdings ist ihr dabei eines völlig klar: Auch der tollste, sinnvollste Job hat Schattenseiten. Genauso wie die Freizeit. Anja Niekerkens Credo: Die Kunst ist, die Sonnenseiten wertzuschätzen und der dunklen Seite der Macht nicht zu viel Raum zu bieten.