Hamburg (em) Weiterhin haben die norddeutschen Händler und unternehmensnahen Dienstleister mit hohen Kosten und sinkender Nachfrage zu kämpfen: Über die Hälfte der befragten Unternehmen verzeichnete im ersten Quartal einen Umsatzrückgang. Dabei sank der Umsatz im 1. Quartal 2024 real um 4,4 Prozent (nominal: - 3,7 Prozent). Auch wenn die Mehrheit eine Stabilisierung ihrer Umsätze und Gewinne in den kommenden sechs Monaten erwartet, belasten der Arbeitskräftemangel und weiter steigende Gehaltskosten die Unternehmen. Das sind zentrale Ergebnisse des Wirtschaftstests, den der AGA Unternehmensverband vom 1. März bis zum 5. April 2024 unter den norddeutschen Unternehmen durchgeführt hat.

AGA-Präsident Dr. Hans Fabian Kruse: „Die Teuerungsspirale scheint gestoppt zu sein. Das ist positiv, lässt insbesondere die Außenhändler aber nur kurz verschnaufen. Regulierung und Bürokratie schneiden ihnen die Luft ab. Es wird immer schlimmer. Durch die Weitergabe von Berichtspflichten wird die EU-Lieferkettenrichtlinie kleine und mittelständische Unternehmen mit voller Wucht treffen. Um den Bürokratie-Burnout zu verhindern, müssen die Berichtspflichten aus dem nationalen Lieferkettengesetz weichen. Parallel sorgen sich die Außenhändler um zunehmende Handelshemmnisse und Protektionismus, während die Houthi-Angriffe im Roten Meer die Lieferketten seit Monaten beeinträchtigen.“ 

Leichte Stabilisierung erwartet
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichneten 51 Prozent der befragten Unternehmen einen Umsatzrückgang und 23 Prozent einen gleichbleibenden Umsatz. Ihre Gewinne bezeichneten 53 Prozent als befriedigend, lediglich 18 Prozent als gut. Für die kommenden sechs Monate erwarten die norddeutschen Unternehmen nur eine leichte Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage: 54 Prozent rechnen mit gleichbleibenden Umsätzen, 25 Prozent jedoch mit einer weiteren Verschlechterung. Eine konstante Gewinnlage erhoffen sich 59 Prozent der Unternehmen, 34 Prozent erwarten jedoch einen Rückgang der Gewinne.  

Gegenüber dem Vorquartal hat sich der AGA-Indikator nur leicht verbessert: Insgesamt liegt er bei 92,1 Punkten (Vorquartal: 90,3 Punkte). Während der Dienstleistungssektor wieder vergleichsweise stark ist mit 108,3 Punkten (Vorquartal: 102,5 Punkte), liegt der AGA-Indikator im Groß- und Außenhandel bei 90,7 Punkten (Vorquartal: 88,4 Punkte). Letzterer lag vor einem Jahr bei 108,5 Punkten. 

Akuter Arbeitskräftemangel
Zum Jahresbeginn wurden die norddeutschen Unternehmen zusätzlich zur Personal- und Gehaltsentwicklung befragt. 71 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, derzeit auf der Suche nach Fach- und Arbeitskräften zu sein. Die durchschnittliche Suchdauer beträgt dabei 13,9 Wochen bei 5,1 offenen Stellen (Vorjahreszeitraum: 15,2 Wochen und 6,2 offene Stellen). Ähnlich wie im Vorjahr gaben 90 Prozent an, nach Fachkräften mit einer Berufsausbildung zu suchen und 20 Prozent hielten Ausschau nach Fachkräften mit einem Hochschulabschluss.

Deutliche Gehaltserhöhungen
Im Jahr 2023 haben 29 Prozent der Unternehmen die Gehälter tariflich und 40 Prozent übertariflich angehoben. 12 Prozent verzichteten auf eine Gehaltserhöhung. Im Durchschnitt sind die Gehälter um 9,5 Prozent angestiegen. Auch für das Jahr 2024 sind weitere Gehaltserhöhungen geplant: Für 2024 planen 49 Prozent eine tarifliche und 14 Prozent eine übertarifliche Erhöhung. 27 Prozent beabsichtigen keine Gehaltserhöhung. Im Durchschnitt planen die Unternehmen die Gehälter um 5,8 Prozent anzuheben.

AGA-Hauptgeschäftsführer Volker Tschirch: „Es klingt paradox: Obwohl die wirtschaftliche Situation schwierig ist, suchen Händler und Dienstleister Arbeitskräfte und stellen ein. Zudem senden sie mit teilweise deutlichen Gehaltserhöhungen ein klares Signal der Wertschätzung an ihre Beschäftigten. Wir hoffen weiter, auch im Flächentarif für Unternehmen und Beschäftigte Planungssicherheit über einen tragbaren Tarifabschluss im Groß- und Außenhandel zu erreichen. Dafür muss Verdi die Blockadehaltung in den festgefahrenen Verhandlungen beenden.“

Die norddeutschen Bundesländer: Im ersten Quartal 2024 fiel der Umsatz in Hamburg um real 4,1 Prozent (nominal: -3,6 Prozent) und in Schleswig-Holstein um real 4,7 Prozent (nominal: -1,9 Prozent). In Mecklenburg-Vorpommern ging er um real 3,2 Prozent nach unten (nominal: +0,7 Prozent) und in Niedersachsen sank er um real 2,3 Prozent (nominal: +0,4 Prozent). Lediglich in Bremen stieg der Umsatz im ersten Quartal um real 2,3 Prozent (nominal: +8,6 Prozent).