Hamburg will bis 2045 klimaneutral werden und hat hierfür einen Klimaplan mit konkreten Maßnahmen erlassen, die auf wissenschaftlichen Untersuchungen beruhen und bereits umgesetzt werden. Um herauszufinden, ob und vor allem wie Hamburg seine bereits bestehenden Klimaziele früher erreichen könnte, hat die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft Ende 2024 ein Kurz-Gutachten in Auftrag gegeben. Die nun fertig gestellte Studie zeigt, dass eine Klimaneutralität bis 2040 flächendeckende und deutlich spürbare Umsteuerungen in vielen Lebensbereichen in Hamburg erfordern würde. Gleichzeitig hebt sie schon die bisherigen Klimaschutzziele Hamburgs als „ambitioniert“ hervor – gerade auch vor dem Hintergrund der Entwicklungen auf nationaler und europäischer Ebene.
Aus Sicht des Gutachterkonsortiums, bestehend aus Hamburg Institut und Öko-Institut e. V., wären für ein Erreichen der Klimaneutralität im Jahr 2040 zusätzliche Maßnahmen in unterschiedlichen Sektoren der Stadt zur CO2-Emissionsreduktion notwendig, die mit deutlichen Einschränkungen für die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürgern einhergehen würden. So müssten schon bis 2040 alle Gas- und Ölkessel in Wohn- und Nichtwohngebäuden ausgetauscht werden mit gleichzeitiger Stilllegung des gesamten Gasnetzes. Ferner wäre ein noch schnellerer Ausbau des Fernwärmenetzes und eine bisher nicht geregelte CO2-Verpressung in der Erde für die Restemissionen erforderlich. Für den Sektor Verkehr sehen die Gutachter die Einführung der Regelgeschwindigkeit innerorts auf 30 km/h für die ganze Stadt vor mit gleichzeitiger deutlicher Reduktion des PKW-Verkehrs durch eine Umverteilung des Straßenraums hin zum Umweltverbund. Darüber hinaus bedürfte es der Einrichtung von Umweltzonen im Hafen.
Die Analyse kommt für den Bereich Industrie zu dem Schluss, dass ein vollständiger Ersatz von Erdgas und den raffinerietypischen Brennstoffen Petrolkoks und Raffineriegas durch Wasserstoff bzw. e-Fuels notwendig wäre, die allerdings derzeit noch nicht zur Verfügung stehen. Gleiches gilt für die komplette Elektrifizierung der Mobilität und sonstiger Prozesse, die 2040 abgeschlossen sein müsste.
Einer der wichtigsten Parameter für eine Klimaneutralität bis 2040 ist laut Gutachten der stärkere Ausbau von Wind- und Solarenergie. Hier trägt Hamburg entscheidend zur Verbesserung des Bundesstromnetzes bei, kann aber ansonsten die Entwicklung im gesamten Bundesgebiet nicht beeinflussen. Hierfür muss der Bund die geeigneten Rahmenbedingungen schaffen, damit die Stromkosten bezahlbar bleiben.
Auch im Wohnungsbau müsste die Sanierung erheblich beschleunigt und der Einbau von mit Erneuerbaren Energien betriebenen Heizsystemen wie Wärmepumpen schon jetzt stärker vorangetrieben werden.
Zusammenfassend halten die Gutachter fest, dass „ein Vorziehen der Zielsetzung der Netto-CO2-Neutralität auf das Jahr 2040 erhebliche Zusatzanstrengungen bedeuten, die, je nach Ausgestaltung, zu spürbaren Mehrbelastungen für private Haushalte, Unternehmen und den Landeshaushalt führen würden. Je nach Ausgestaltung der Maßnahmen könnte damit auch eine Zunahme sozialer Härten einhergehen. Gleichzeitig wäre durch diese Maßnahmen in Hamburger Regelungskompetenz nicht sichergestellt, dass die CO2-Neutralität 2040 auch erreicht wird, da es zusätzlich entsprechender rechtlicher Rahmenbedingungen und Anreizsysteme auf Bundes- und EU-Ebene bedarf.“
Das Gutachten zeigt damit die nach heutigem Stand grundsätzlich geltenden Bedingungen auf, um die Klimaneutralität in Hamburg bereits im Jahr 2040 zu erreichen und leistet so einen Beitrag zur Meinungsbildung im Hinblick auf den Zukunftsentscheid. Die darin beschrieben Handlungsfelder decken sich in Teilen mit aktuellen Vorhaben des Senats wie beispielsweise beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. In Summe werden aber Maßnahmen benannt, die erheblich über den Hamburger Klimaplan hinausgehen und die mit spürbaren Folgen für die Stadtgesellschaft verbunden wären. Für die Regierungspolitik in Hamburg bleibt daher bis auf Weiteres der wissenschaftlich fundierte und hoch ambitionierte Klimaplan maßgeblich.
Hintergrund
Das Gutachten zur Klimaneutralität 2040 fußt auf einer Aktualisierung des Klimaschutzzielszenarios aus dem Jahr 2022 durch das Gutachterkonsortium, in der die geänderten Rahmenbedingungen der letzten Jahre miteingeflossen sind. Im Hamburgischen Klimaschutzgesetz ist der Begriff der Klimaneutralität als Netto-CO2-Neutralität mit einer Minderung in Höhe von 98 Prozent gegenüber den Emissionen des Jahres 1990 definiert. Darauf bezieht sich auch die Zielformulierung des Volksentscheides. (Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA))
