Hamburg, 6. November 2025 – Unter dem Motto „NRL meets NEW 4.0“ kamen heute Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Energiewirtschaft in Hamburg zum Konsortialtreffen des Norddeutschen Reallabors (NRL) zusammen. Ziel der Veranstaltung war es, die Erfahrungen aus fast zehn Jahren norddeutscher Energiewendekooperation zusammenzuführen – von NEW 4.0 (2016–2021) bis zum laufenden NRL-Projekt (2021-2027). Diskutiert wurde auch über die Hemmnisse auf dem Weg zu einer resilienten klimaneutralen Energieversorgung für den Norden. 

Dass die Energiewende nicht nur ein technologischer Transformationsprozess ist, sondern auch wirtschaftlich gestaltet werden muss, erproben die norddeutschen Bundesländer seit fast einem Jahrzehnt durch gemeinsame Verbundprojekte. 

NRL meets NEW 4.0: Fundament für gegenwärtige Herausforderungen

Im Norddeutschen Reallabor (NRL), das vor viereinhalb Jahren gestartet ist, steht insbesondere der Markthochlauf von grünem Wasserstoff im Fokus – als Schlüsseltechnologie für eine klimaneutrale Industrie. Technologische Innovation und regulatorische Lernprozesse gehen dabei Hand in Hand. Damit baut das NRL auf den Ergebnissen des erfolgreichen Vorgängerprojekts NEW 4.0 – Norddeutsche EnergieWende auf, das erprobte, wie Hamburg und Schleswig-Holstein gemeinsam zu 100 % mit erneuerbarem Strom versorgt werden können. Nun geht es um den nächsten Schritt: die Sektorkopplung, also die Kopplung der erneuerbaren Stromerzeugung mit Verbrauchssektoren wie Wärme, Mobilität und Industrie. Über 50 Partner aus Energiewirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Politik wirken daran mit – und zwar aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. 

„Mit dem Norddeutschen Reallabor zeigen wir, wie sehr die Kooperation zwischen benachbarten Regionen die Energiewende voranbringt“, erklärt NRL-Projektkoordinator Mike Blicker vom Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. „Die Erfahrungen aus NEW 4.0 sind dabei ein wertvolles Fundament für die gegenwärtigen Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität: den Markthochlauf von Wasserstoff, die Flexibilisierung des Stromverbrauchs sowie eine effiziente und zugleich wirtschaftliche Defossilisierung von Mobilität, Industrie und Wärmesektor.“ 

Konsortialtreffen: Fachvorträge und energiepolitischer Spitzendialog
Das diesjährige Konsortialreffen des Energiewende-Verbundprojekts fand vor maritimer Hafenkulisse im view eleven statt und bot ein vielfältiges Programm aus Fachvorträgen, Vernetzungsmöglichkeiten und einem energiepolitischen Austausch. Die Veranstaltung eröffnete mit einem Grußwort von Dr. HansChristoph Wirth aus dem Referat für Energieforschung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE), das das NRL im Rahmen eines Förderprogramms als „Reallabor der Energiewende“ mit rund 30 Mio. Euro fördert. In mehreren Fachsessions gaben die NRL-Partner anschließend Einblick in ihre Arbeit zu zentralen Themen der Energiewende – von Flexibilitätsstrategien für das Stromnetz über den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bis hin zu regulatorischen Rahmenbedingungen für Industrie und Energieakteure. Zu den Referent*innen gehörten Christian Hein (Aurubis), Dr. Malte Hinrichsen (HanseWerk), Kim Viola Kanitz (Green Planet Energy), Prof. Dr. Thorsten Müller (Stiftung Umweltenergierecht), Prof. Dr. Hans Schäfers (CC4E/HAW Hamburg) und Dr. Sebastian Wende-von Berg (Fraunhofer IEE). 

Ein besonderer Schwerpunkt des Nachmittags lag auf dem politischen Austausch: In einer Diskussionsrunde sprachen Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Umweltsenatorin Katharina Fegebank, Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt und Staatssekretärin Ines Jesse aus dem Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit Vertreter*innen aus Wirtschaft und Forschung über die Frage, wie der Norden seine Standortvorteile in der Energiewende künftig noch stärker ausspielen kann. Deutlich wurde, dass bei allem Enthusiasmus für die Energiewende durchaus noch einige Hürden aus dem Weg geräumt werden müssen, um den Pfad zur Klimaneutralität effizient zu gestalten, ohne die Region der Gefahr einer Deindustrialisierung auszusetzen. 

Meilensteine: Höhere Biogas-Ausbeute & klimaneutrale Antriebe
In den vergangenen Monaten hat das Norddeutsche Reallabor wichtige Meilensteine erreicht: 

• Biogas mit Wasserstoff-Booster: Die Stadtreinigung Hamburg nahm Anfang Oktober einen 1- MW-Elektrolyseur in Betrieb, der im Rahmen des NRL in das Biogas- und Kompostwerk Bützberg integriert wurde. Durch die Beimischung von grünem Wasserstoff im Vergärungsprozess wird die Biogasausbeute deutlich gesteigert, was eine höhere Einspeisung von Biomethan in das öffentliche Gasnetz ermöglicht.
• Klimaneutrale Flughafenlogistik: Am Hamburger Flughafen wird derweil ein auf Wasserstoff umgerüsteter Gepäckschlepper unter Realbedingungen getestet. Untersucht werden technische Funktionalität, Verbrauchswerte sowie die wirtschaftliche Machbarkeit einer breiteren Anwendung. Denn Bodenfahrzeuge mit Wasserstoffantrieb sind eine vielversprechende Möglichkeit, den Bodenbetrieb von Flughäfen CO2-emissionsfrei zu gestalten.
• Neuer Partner in MV: Mit der hyfuels GmbH konnte das NRL zudem einen neuen Partner in Mecklenburg-Vorpommern gewinnen und damit die regionale Breite des Reallabors stärken. Das Unternehmen plant einen 5-MW-Elektrolyseur auf Rügen, der systemdienlich betrieben werden soll, um maritime und straßengebundene Mobilitätsanbieter zu versorgen. 

Norddeutschland bleibt Taktgeber der Energiewende 
Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Klimakrise, aber auch der zunehmenden Sorge der deutschen Industrie um ihre Daseinsgrundlage gewinnen Projekte wie das Norddeutsche Reallabor weiter an Bedeutung. Das diesjährige Konsortialtreffen zeigt deutlich: Norddeutschland nimmt seine Rolle als Taktgeber der Energiewende ernst und will sie in den kommenden Jahren weiter festigen – mit innovativen Technologien, neuen Partnerschaften und einer engen Verzahnung von Forschung, Industrie und Politik.