Bad Segeberg. Indexmieten sind in der Gewerberaummiete beliebt, weil sie Mieten „automatisch“ an den Verbraucherpreisindex koppeln – für viele Vermieter klingt das nach planbarer Mieterhöhung, für viele Mieter nach fairer Lastenteilung. In der Praxis entscheidet aber der genaue Wortlaut der Klausel, die häufig übersehen wird und die am Ende teuer werden kann. Die jüngsten Entscheidungen zeigen: Was nicht transparent, ausgewogen und sauber konstruiert ist, fällt.
Was die Gerichte aktuell sagen – kurz & knackig
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.06.2025 – I-10 U 146/24
Wertsicherungs-/Preisanpassungsklausel in einem Gewerbemietvertrag unwirksam: Das Gericht wendet AGB-Kontrolle an (neben dem PrKG) und betont Transparenz- und Fairnessanforderungen; überhöhte Zahlungen sind zu erstatten. Für die Vertragsgestaltung ist das ein Weckruf, der Klarheit, Symmetrie und ein nachvollziehbares Rechenmodell verlangt. - LG Wuppertal, Urteil vom 24.11.2016 – 7 O 139/15
„Upwards only“-Indexklausel (nur Erhöhung, keine Senkung) unwirksam – denn sie benachteiligt den Mieter unangemessen; reine Einbahnstraßen-Klauseln sind in Formularmietverträgen nicht haltbar. - LG Hamburg, Urteil vom 22.11.2023 – 316 O 4/22
Preisanpassung per Leistungsvorbehalt zugunsten des Vermieters? Hält der Inhaltskontrolle nicht stand, wenn sie einseitig wirkt. Konsequenz: Die Mieterhöhung greift nicht. - OLG Schleswig, Beschl. vom 05.02.2024 – 12 U 69/23
Zur Wirksamkeit von Indexklauseln und zu § 8 PrKG: Nicht jede Indexklausel ist per se unzulässig – entscheidend sind Konstruktion, Transparenz und die Einhaltung der gesetzlichen Leitplanken. Wichtig für die Abgrenzung, wenn Vermieter sich auf das PrKG berufen.
Quintessenz: Was sauber formuliert ist, hält eher – was schwammig, einseitig oder asymmetrisch ist, kippt.
Was bedeutet das für Geschäftsführer:innen, Unternehmer:innen und Vermieter:innen?
Für Mieter heißt das: Klauseln, die nur erhöhen, aber nie senken, sind riskant für den Vermieter und bieten Angriffspunkte. Für Vermieter heißt das: Ohne klare Startwerte, nachvollziehbare Berechnung, symmetrische Wirkung(rauf und runter) und eine saubere Auslösemechanik bleibt die Mieterhöhung angreifbar. Klingt trocken — ist in Verhandlungen bares Geld. Und es ist ein Feld, in dem ein spezialisierter Anwalt, der die aktuelle Linie der Gerichte kennt, Sie vor kostspieligen Fehlern schützt.
Checkliste „Indexmiete bei Gewerberäumen“ – einmal für Mieter, einmal für Vermieter
Für Mieter (die prüfen wollen, ob die Mieterhöhung trägt)
- Bezugsindex & Startpunkt: Ist der VPI klar bezeichnet (Statistisches Bundesamt), ab welchem Stichtag? Unklare Startwerte – etwa vor Vertragsbeginn oder „irgendwann“ – sind Einfallstore.
- Symmetrie-Kriterium: Steigt die Miete nur – oder sinkt sie auch? Upwards only ist regelmäßig unzulässig.
- Transparenz & Rechenbeispiel: Wird verständlich erklärt, wann und wie gerechnet wird (Formel, Schwelle, Rundung)? Fehlt das, droht Unwirksamkeit und ggf. Rückabwicklung.
- Auslösemechanik: Automatisch ab bestimmter Veränderung (z. B. ±3 %) oder nur auf Verlangen des Vermieters? Die Mechanik muss eindeutig sein, die Fristen ebenso.
- AGB oder ausgehandelt? Formularvertrag ⇒ AGB-Kontrolle. Individuell ausgehandelt? Dann Beweise sichern (E-Mails, Entwürfe, Mark-ups).
- PrKG-Argumente: Beruft sich der Vermieter auf § 8 PrKG (Unwirksamkeit erst nach Feststellung)? Prüfen, ob daneben AGB-Recht greift — das kann zur Nichtigkeit von Anfang an führen.
- Folgen im Blick: Ist die Klausel unwirksam, können Erhöhungsbeträge zurückverlangt werden. Zahlungen und Erhöhungsverlangen sorgfältig dokumentieren.
Für Vermieter (die sicherstellen wollen, dass die Klausel hält)
- Kristallklare Formulierung: Index, Startstichtag, Berechnung, Schwellenwert, Rundung, Zeitpunkt der Anpassung – alles schriftlich, alles eindeutig. Keine Leerstellen.
- Beidseitige Wirkung: Erhöhungen und Senkungen zulassen; reine Einbahnstraßen-Klauseln vermeiden.
- Rechenbeispiel im Vertrag: Ein Musterrechenweg, der zeigt, wie aus Indexänderungen Mieterhöhungen bzw. -senkungen werden — verständlich für kaufmännische Leser.
- Kein einseitiger Leistungsvorbehalt: Offene Preisspielräume zugunsten nur einer Partei sind regelmäßig angreifbar.
- AGB-Status bedenken: Formular? Dann AGB-Kontrolle einplanen; individuelle Aushandlung belegbar dokumentieren (Versionsstände, Mailverläufe, Besprechungsnotizen).
- PrKG-Compliance: Prüfen, ob die Klausel unter § 1 ff. PrKG fällt und § 8 PrKG korrekt berücksichtigt ist — ergänzend zur AGB-Prüfung, nicht an ihrer Stelle.
- Risikomanagement: Alte Verträge auditieren; zweifelhafte Klauseln proaktiv neu verhandeln. Das kostet heute Zeit — spart morgen Prozesskosten.
Praxisnaher Tipp aus den Urteilen
- Bringen Sie Transparenz in die Klausel (Index, Stichtag, Schwelle, Formel, Rechenweg). Alles, was Interpretationsspielraum lässt, fällt Ihnen auf die Füße.
- Symmetrische Wirkung verankern (hoch und runter) — das ist angesichts der Rechtsprechung unverzichtbar.
- Leistungsvorbehalte und „Kann-wenn-ich-will“-Formulierungen vermeiden; sie sind angreifbar.
- Bei Streit über Zeitpunkt und Rückzahlung: AGB-Recht vs. § 8 PrKG sauber trennen — und strategisch nutzen.
Fazit
Eine Mieterhöhung per Indexklausel kann sinnvoll sein, die rechtssichere Umsetzung ist es aber nur, wenn die Klausel wasserdicht ist. Die Linie der Gerichte ist deutlich: Klar, symmetrisch, transparent – sonst krachend unwirksam. Wer Gewerberaummiete gestaltet, sollte die aktuellen Entscheidungen kennen und sauber dokumentieren. Gern prüfe ich Ihre Verträge, die Sie vielleicht schon seit Jahren nutzen — und die heute nicht mehr standhalten.
Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine Rechtsberatung im Einzelfall. Der Text wurde mit Hilfe von KI erstellt und redaktionell überarbeitet.