Die Ostsee ist die Lebensader der freiheitlichen, westlichen Demokratien in Europa und eine gut ausgebaute Infrastruktur in den Häfen ist das Rückgrat von Wirtschaft, Wachstum und Wohlstand in Deutschland, Skandinavien und dem Baltikum. „Der Ausbau der Häfen, der Infrastruktur und die Cybersicherheit werden hohe Investitionen erfordern. Sie sind von großer Bedeutung für das ganze Land. Es ist daher nicht die Zuständigkeit nur eines Bundeslandes, sondern eine nationale Aufgabe, und deshalb benötigen wir mehr Unterstützung des Bundes“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther beim zehnten Deutsch-Finnischen Hafentag in Lübeck. Ein Blick nach Finnland zeige, was Deutschland von den Partnern lernen könne, um sich angesichts der veränderten Sicherheitslage im Ostseeraum zukunftsfähig aufzustellen.
Mehr als 400 Vertreterinnen und Vertreter der Hafenwirtschaft, Logistik, Politik, konsularischem Korps, Verwaltung und Verbänden nahmen an der gemeinsamen Jubiläumsveranstaltung des Honorarkonsuls der Republik Finnland in Lübeck, Bernd Jorkisch, der Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH (LHG) und der Hansestadt Lübeck in der Musik- und Kongresshalle Lübeck teil. Schwerpunkt war in diesem Jahr das Thema „Ostseestrategie“. Der Ministerpräsident rief dazu auf, in der von Russland hervorgerufenen Bedrohungslage auch Chancen zu erkennen und zu nutzen. „Wir müssen gemeinsam Stärke zeigen.“ Möglichkeiten einer engen Zusammenarbeit ergeben sich für den Norden über den Handel hinaus in der Rüstung. „Der Deutsch-Finnische Hafentag ist eine gute Gelegenheit, über Projekte zu sprechen“, sagte Günter und kündigte an, Ende November mit einer Delegation nach Finnland zu reisen, um sich dort über den Stand der Digitalisierung zu informieren und weitere Felder für eine Zusammenarbeit zu erschließen.
Die Senatorin für Wirtschaft und Innovation der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Melanie Leonhard, schloss sich der Forderung nach mehr Geld des Bundes für den Ausbau der Häfen an. „Frieden und Stabilität sind in Europa nicht mehr so selbstverständlich, wie wir es lange Jahre gewohnt waren. Das Schutzversprechen für Frieden und Freiheit war für Finnland und Schweden ein Grund, der NATO beizutreten. Im Zuge der Zeitenwende gewinnen die Häfen an Bedeutung. Daher müssen wir sie ausbauen“, sagte die Senatorin.
Seehäfen als multimodale Drehkreuze spielten für die Sicherheit des westlichen Bündnisses eine große Rolle. Die für den Ausbau der Infrastruktur erforderlichen erheblichen Investitionen könnten Hamburg und die norddeutschen Länder nicht mit eigenen Mitteln aufbringen. „Die Seehäfenunterstützung aus dem Sondervermögen ist eine große Hilfe, sie reicht aber nicht. Wir müssen daher gemeinsam mit Schleswig-Holstein unsere südlichen Nachbarn davon überzeugen, in die Häfen zu investieren“, so Leonhard.
„Die Häfen sind Herzkammer und Knotenpunkte des internationalen Handels“, betonte LHG-Geschäftsführer Professor Dr. Sebastian Jürgens. Zwar müssten die Häfen viele Auflagen zum Beispiel für die Sicherheit erfüllen – „aber Geld gibt es dafür nicht. Der Investitionsstau in den deutschen Häfen liegt bei 15 Milliarden Euro, jährlich benötigen wir weitere 500 Millionen Euro“, so Jürgens. In Zukunft komme es vor allem darauf an, die Transportketten eng mit den Partnern abzustimmen. „Dann hat der Ostseeraum die Nase vorn“. Die Chancen seien groß, denn der zehnte Deutsch-Finnische Hafentag belege, dass wir uns nicht mehr gegenseitig bestätigen müssen, dass eine Kooperation wichtig ist, wir leben sie bereits.“
Der von Technologie und Sicherheitspolitik getriebene Wandel der maritimen Wirtschaft sei tiefgreifend, sagte Kai Sauer, Botschafter der Republik Finnland in Deutschland. „Täglich erreichen uns Nachrichten über Bedrohungen, Drohnensichtungen und Sabotage in der Ostsee. Wir müssen daher über die Sicherheit und den Schutz der Seewege reden“, betonte er, denn Finnland wickele 95 Prozent seines Außenhandels über seine Häfen ab. Lübeck sei der wichtigste Hafen für den finnischen Güterumschlag in Zentraleuropa.
Ziel müsse es sein, die Resilienz und Handlungsfähigkeit der westlichen Gesellschaften zu erhalten. „Die deutsche Regierung hat mit dem Sondervermögen und der Lockerung der Schuldenbremse sehr wichtige Beschlüsse gefasst“, so Sauer. Aus seiner Sicht ist die finanzpolitische Wende auch eine Zeitenwende, denn ohne erhebliche Investitionen sei ein neues Wirtschaftswachstum nicht möglich. „Ich möchte finnische Unternehmen daher ermutigen, die Entwicklung in Deutschland zu beobachten und für ihre Geschäfte zu nutzen.“
Eine engere Zusammenarbeit beider Länder sei auch im Sinne Lübecks. Über die Zusammenarbeit mit den bereits weitgehend digitalisierten und zum Teil klimaneutral betriebenen finnischen Häfen hinaus, bietet die Partnerschaft mit Finnland weitere Vorteile für den eigenen Standort, sagte Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau. Als er kürzlich dort zu Gast war, konnte er ohne Ortskenntnis und App dank eines modernen öffentlichen Personennahverkehrs problemlos vom Hafen zu seinem Ziel gelangen. „Für die Verbesserung unseres Angebots können wir viel von den Finnen lernen“, sagte er.
Der Deutsch-Finnische Hafentag habe erneut aufgezeigt, dass der Ostseeraum die Zukunftsregion Europas sei, sagte Bernd Jorkisch. „Es ist ein einziger Chancenraum, die Ostsee ist das Meer der Möglichkeiten.“ Um diese optimal nutzen zu können, seien Investitionen erforderlich: „Auf der Prioritätsliste ganz oben steht die Infrastruktur. Die Seehäfen sind elementar für den Im- und Export und damit den Welthandel.“ Deutschland ist seit Jahren Finnlands wichtigster Handelspartner mit einem jährlichen von Volumen von rund 20 Milliarden Euro. Jorkisch: „Wir werden alles tun, damit es so bleibt.“ Finnland sei bei Innovationen ganz vorn, das Land habe das größte Potenzial für die Produktion von Wasserstoff dank der Nutzung günstiger Energie für dessen Herstellung. Hier entsteht ein weiterer Markt, der wichtig für Norddeutschland und seine Häfen ist.“ Er rief Wirtschaft und Politik dazu auf, diese Chancen zu nutzen und auszubauen. Die Voraussetzungen seien gut, der Hansebelt ist das Bindeglied der Metropolregion Hamburg zur Ostsee und Skandinavien – mit Lübeck als dem größten deutschen Ostseehafen als Herzstück.
