„Einfach machen!“ Diese zwei Worte beschreiben den dänischen Pragmatismus ebenso klar wie „Hygge“ das Lebensgefühl im nördlichen Nachbarland Schleswig-Holsteins. Was für Dänen normal ist, löst schon auf der deutschen Seite des Fehmarnbelts Aha-Momente aus – aber das soll sich bald ändern. „Wir brauchen den Austausch, um voneinander zu lernen. Die Dänen sind manchmal weiter als wir. Daher wollten wir den Dialog mit unseren Partnern intensivieren, um zu erfahren, was in Dänemark gut funktioniert und was wir davon übernehmen können“, sagte Manfred Braatz, Leiter des Teams Standort der IHK zu Lübeck. Er begleitete eine Delegation ehrenamtlich engagierter Mitglieder der IHK-Wirtschaftsbeiräte für den Kreis Ostholstein sowie die Hansestadt Lübeck und der Unternehmerinitiative HanseBelt e.V. ins dänische Maribo.

Schon zu Beginn stellte Silke Jaeger vom Beratungsunternehmen Deutsch-Dänisches Haus klar: „Viele Deutsche gehen davon aus, dass Dänemark das kleine Deutschland ist.“ Das stimme aber nicht, denn „die Mentalität ist nicht übertragbar“. Daher gingen einige Prozesse im Nachbarland deutlich schneller und einfacher, ergänzte Konsul Mirko Schönfeldt, Geschäftsführer der Baltic Facility Solutions GmbH & Co. KG. Ein Unternehmen zu gründen, dauere in Dänemark nur zwei Tage und koste umgerechnet 6.500 Euro. Der Verwaltungsaufwand sei gering, weil die Verwaltung komplett digitalisiert sei. Das Erfolgsrezept der Dänen: „einfach machen“. 

Wer mit Dänen ins Geschäft kommen will, müsse im Nachbarland Partner finden, ein dänisches Netzwerk und vor allem Vertrauen aufbauen, so Schönfeldt. „Ihr macht alles richtig, weil ihr hier seid“, sagte er zu den deutschen Gästen. Lolland sei ein gutes Beispiel für die Entwicklung einer dänischen Teilregion im Zuge des Baus des Fehmarnbelt-Tunnels. Die Insel sei für deutsche Arbeitnehmer und Auftragnehmer attraktiv: „Lolland hat die 37-einhalb-Stunden-Woche, der Verdienst ist höher als in Deutschland. Ein deutscher Handwerker hat keine Gründe, nicht herzukommen, außer der Sprache. Dänisch ist ein Schlüssel zum Erfolg.“ 

Aber die Nachbarn könnten auch von den Deutschen lernen: „Wir haben Dinge, die die Dänen nicht haben“, betonte Schönfeldt. So siedelten sich bereits Unternehmen der Erneuerbaren-Energien-Branche in Dänemark an. Das derzeit in Lübeck entstehende neue Rechenzentrum biete ebenfalls Kooperationspotenzial: „Datentransfer ist die Zukunft – nicht Stahl oder Kohle.“ 

Die dänischen Experten empfahlen den Gästen aus Deutschland, besonders auf jüngere Generationen zu schauen. Stig Rømer Winther, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Femern Belt Development, empfahl, in der Region zwischen Hamburg und Kopenhagen internationale Schulen zu eröffnen, um für Fachkräfte und Familien attraktiv zu sein. Die öffentliche internationale Kommunalschule in Maribo habe gleich nach ihrer Eröffnung mit ausgebuchten Jahrgängen eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Die Kosten für Schule und Wohnen seien auf Lolland deutlich niedriger als in den großen Zentren. Akademiker kaufen auf Lolland nun Häuser. Er blickt voller Optimismus in die Zukunft: „Wir werden langsam internationaler.“ 

Auch Bo Rasmussen vom Installationsunternehmen Obelitz Ny-EL ApS empfahl, für die Suche nach Arbeitskräften von morgen den Blick nach Skandinavien zu lenken. Als Beispiele nannte er Kooperationen zwischen Unternehmen für die Ausbildung von Studenten und Auszubildenden. „Das sind unsere Fachkräfte von morgen.“ Wichtig sei es auch, die eigene Belegschaft zu stärken. Bei Obelitz kenne zum Beispiel jeder alle Preise und könne Angebote und Rechnungen schreiben. Der Wegfall von Zwischenschritten könne Geschäftsprozesse deutlich verschlanken und die Mitarbeiter motivieren. 

Diese skandinavische Unternehmenskultur sei in vielen deutschen Betrieben bereits angekommen, betonte der HanseBelt-Vorsitzende Arndt Schanze. „Die Dänen sind zentraler und organisierter und haben weniger Bedenken, etwas zu tun, als die Deutschen.“ Aber die Chancen der gemeinsamen Grenzregion seien groß. „Wir haben hier eine einmalige Ausgangsposition und wollen uns mehr mit Unternehmen in Dänemark austauschen. Dafür müssen wir offen sein für neue Ideen und kein Kirchturmdenken praktizieren“, sagte er.  

Zur Offenheit für Neues gehöre das Zulassen von Künstlicher Intelligenz und Robotik für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit, betonte Filia Severin, Leiterin des IHK-Teams Branchen. Wie neue Techniken die Produktion optimieren können, erfuhren die Gäste aus Deutschland bei einem Besuch des Unternehmens S.E.W. North Filtration A/S in Maribo. Seit seiner Gründung 2011 automatisiert es schrittweise alle Prozesse zur Herstellung von Filterpatronen durch Robotik. „Das Unternehmen ist attraktiv für Arbeitnehmer, sie bewerben sich gern bei North Filtration“, sagte Severin. Im Hansebelt gebe es ebenfalls viele moderne und innovative Unternehmen. „Wir möchten gern den Blick nach Skandinavien fördern, damit auch unsere Betriebe bei der Gestaltung ihrer Zukunft wie die Dänen einfach machen“.