Kreis Segeberg (em) „Der Arbeitsmarkt wird bereits seit einigen Jahren durch Krisen wie die Pandemie, Kriege, Flüchtlingswellen und steigende Energie- und Rohstoffpreise belastet. Die aktuelle konjunkturelle Schwächephase wirkte sich im vergangenen Jahr in einem spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit aus. Mit einer Arbeitslosenquote von 5,1 Prozent bietet der Kreis Segeberg aber weiterhin gute Rahmenbedingungen bei der Jobsuche“, erklärt Ronald Geist, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Elmshorn. 

Die Arbeitslosenzahl im Kreis Segeberg ist 2024 zum Vorjahr angestiegen. Im Jahresdurchschnitt waren 8.080 Menschen arbeitslos gemeldet. Dies sind 434 Personen oder 5,7 Prozent mehr als im Jahr 2023. 

Neben konjunkturellen Gründen sieht Ronald Geist für den Anstieg aber auch strukturelle Gründe: „Wir befinden uns mitten in einem bedeutenden Umbruch. Die Digitalisierung und Dekarbonisierung der Wirtschaft und der Wandel von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft werden zu Veränderungen am Arbeitsmarkt führen. Unternehmen verlagern Produktionen, dafür entstehen neue Bereiche. Bekannte Berufsbilder werden sich verändern und andere Qualifikationen erfordern.“ 

Besonders auf Industriebetriebe wirkten sich die aktuellen Entwicklungen aus. Da in diesen Bereichen häufiger Männer arbeiten, waren diese von betrieblichen Veränderungen häufiger betroffen. So stieg die Arbeitslosigkeit der Männer um 7,7 Prozent stärker als die der Frauen (+3,3 Prozent). 

Bei steigender Arbeitslosigkeit gestaltet sich für einige Personengruppen die Suche nach einem Job langwieriger. Gründe können z.B. eine unzureichende oder nicht mehr passende Qualifikation, eingeschränkte Arbeitszeiten, die Gesundheit oder mangelnde Deutschkenntnisse sein. Im Jahresdurchschnitt waren im Kreis Segeberg 2.544 Menschen schon ein Jahr oder länger auf der Arbeitssuche. Damit ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen zum Vorjahr um 128 oder 5,3 Prozent gestiegen.

Dennoch zeigte der Arbeitsmarkt in 2025 sehr viel Dynamik – mehr Menschen haben sich arbeitslos gemeldet, aber auch mehr Menschen nahmen wieder eine Beschäftigung auf. 5.687 Menschen meldeten sich im vergangenen Jahr aus der Arbeitslosigkeit in eine Beschäftigung ab. Dies sind 519 mehr als im Vorjahr, jedoch weniger als sich neu arbeitslos meldeten. 

„Mit einem Berufsabschluss gelingt die Jobsuche meist schneller. Eine gute Qualifikation zahlt sich auch finanziell aus. So verdient man mit Berufsabschluss innerhalb eines Berufslebens rund 400.000 Euro mehr als ein Ungelernter – praktisch den Wert eines Einfamilienhauses!“, sagt Ronald Geist und empfiehlt besonders Ungelernten alle Möglichkeiten zum Erwerb eines beruflichen Abschlusses zu nutzen: „Die Vermittlungsfachkräfte von Arbeitsagentur und Jobcenter entwickeln gemeinsam mit den Arbeitsuchenden dazu eine individuelle Strategie. Auch im Jahr 2025 werden ausreichend Mittel zur Förderung notwendiger Qualifizierungen bereitstehen.“ Im vergangenen Jahr haben 1.202 Arbeitslose aus dem Kreis Segeberg die Möglichkeit zu einer beruflichen Weiterbildung wahrgenommen – 329 mehr als im Vorjahr. 

Die Unternehmen meldeten im letzten Jahr 5.320 sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen zur Besetzung. Das sind zum Vorjahr 67 mehr. Der jahresdurchschnittliche Bestand an offenen Stellen stieg um 155 auf 2.335. Die meisten freien Stellen gab es in den Branchen Logistik, Groß- und Einzelhandel, Verarbeitendes Gewerbe und Gesundheits- und Sozialwesen. 

„Die Unternehmen haben trotz der schwierigen Wirtschaftslage Stellen gemeldet und auch Personal eingestellt. Durch den guten Branchenmix mit kleinen und mittelständischen Unternehmen sind die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt bei Konjunkturschwankungen nicht so anfällig wie in anderen Regionen“, erläutert Ronald Geist. 

Im Kreis Segeberg arbeiteten Ende Juni 98.911 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Dies waren 1.454 Beschäftigte oder 1,5 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse ist damit im Kreis stärker gewachsen als im Land (+0,5 Prozent) oder im Bund (+0,4 Prozent). 

Beschäftigungszuwächse gab es insbesondere in der Logistikbranche, im Gesundheits- und Sozialwesen und bei Immobilien- und Dienstleistungsunternehmen. Auch in der öffentlichen Verwaltung entstanden neue Jobs. Rückgänge verzeichnete hingegen das produzierende Gewerbe, die Metall- und Elektroindustrie und die Land- und Forstwirtschaft. 

„Die Beschäftigung hat sich im Kreis Segeberg weiter sehr positiv entwickelt. Noch nie waren mehr Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt als im vergangenen Jahr. Der Beschäftigtenzuwachs basiert zum größten Teil auf den ausländischen Arbeitskräften. Die Zahl der jüngeren Beschäftigten unter 25 Jahre nimmt bereits ab, während die Zahl der älteren Beschäftigten noch steigt. Hier wird die demographische Entwicklung schon direkt wahrnehmbar“, sagt Ronald Geist und ergänzt: „Der Kreis Segeberg ist eine attraktive Region zum Leben und Arbeiten und profitiert derzeit noch von einer wachsenden Bevölkerung.“ 

Aussicht 2025: Herausforderungen Konjunktur und struktureller Umbau 

Die Entwicklung der geopolitischen Lage und der Konjunktur werden sich auch im neuen Jahr auf den Arbeitsmarkt auswirken. Unsicherheiten über neue politische Ausrichtungen und internationale Konflikte erschweren eine verlässliche Prognose. 

Ronald Geist wagt dennoch einen persönlichen Ausblick: „Wir sollten uns für 2025 darauf einstellen, dass die Arbeitslosigkeit in unserer Region moderat weiter ansteigen wird. Selbst bei einem konjunkturellen Umschwung reagiert der Arbeitsmarkt erst verzögert zur Wirtschaftsentwicklung. Die meisten Unternehmen bauen ihre Belegschaften derzeit nicht weiter aus. Es wird aber demographisch bedingt zunehmend Ersatzbedarfe für ausscheidende Arbeitskräfte geben.“ 

Das Wachstum in der Beschäftigung dürfte in den kommenden Monaten enden. Ein Rückgang wird unvermeidlich, da zukünftig mehr ältere Beschäftigte aus dem Erwerbsleben ausscheiden, als Jüngere nachkommen. Auch die gezielte Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte wird dies nicht auffangen können. 

„Gut qualifizierte und berufserfahrene Arbeitnehmer verlassen zunehmend den Arbeitsmarkt. Daher bleibt das Ausbilden, Akquirieren und Halten von Fachkräften ein wichtiges Zukunftsthema für die Unternehmen. Auch müssen die Unternehmen und Behörden noch stärker auf Automatisierung und Digitalisierung setzen. So wird z.B. in den Arbeitsagenturen an der Einführung einer KI-gestützten Bearbeitung der Arbeitslosengeldanträge gearbeitet“, führt Ronald Geist aus. 

Der Wandel der Arbeitswelt beschleunigt sich und verändert viele Arbeitsplätze. Der Qualifizierungsbedarf steigt. Ronald Geist sieht hierin auch neue Möglichkeiten: „Die Unternehmen müssen sich jetzt für die Zukunft ausrichten. Strukturwandel, Demographie und Fachkräftemangel werden zu neuen Arbeitskräftebedarfen führen. Für die Menschen in unserer Region wird es dann neue, andere berufliche Chancen geben. Arbeitsagentur und Jobcenter leisten dazu mit ihrer Beratung und beruflichen Qualifizierung von Arbeitsuchenden und Beschäftigten einen wichtigen Beitrag.“