Norderstedt (em) Der häufigste Rat, den Juristen geben, ist wohl, vertragliche Vereinbarungen nach Möglichkeit schriftlich festzuhalten. Aber selbst wenn man diesen Rat beherzigt, bedeutet das noch nicht, dass sämtlicher Streit vermieden wird.

Oft stellt sich erst bei der Abwicklung eines Vertrages heraus, dass die Parteien mit dem schriftlich festgehaltenen Inhalt unterschiedliche Vorstellungen verbinden. Dies kommt selbst bei notariell beurkundeten Kaufverträgen bisweilen vor.

Formzwang durch Gesetz

Das Gesetz kennt viele Fälle, in welchen eine bestimmte Form für einen Vertrag vorgeschrieben wird. Am bekanntesten dürfte der Grundstückskaufvertrag sein, der notarielle Beurkundung voraussetzt. Ebenso wichtig sind beispielsweise Erbverträge. Nur für Testamente ist die notarielle Beurkundung nicht vorgeschrieben, sie ist aber dringendst zu empfehlen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Wortlaut und Wille

Insbesondere bei privat formulierten Verträgen, aber selbst auch bei notariellen Urkunden kommt es bisweilen vor, dass die Parteien unterschiedliche Vorstellungen mit dem zu Papier gebrachten Wortlaut verbinden.

Es stellt sich dann die Frage, was denn nun eigentlich der entscheidende Inhalt des Vertrages ist, der Wortlaut oder Wille?

Die Mehrheit würde auf den Wortlaut tippen, schon erst recht bei Verträgen, die von Gesetzes wegen einer entsprechenden Form unterworfen sind. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss zunächst aufgeklärt werden, was die Parteien übereinstimmend bei Abschluss des Vertrages tatsächlich wollten. Dabei kommt es allerdings nicht auf einen einseitigen Willen einer Partei an, sondern es muss überprüft werden, ob es einen bestimmten übereinstimmenden Willen gegeben hat. Diese Feststellung erfolgt allerdings nach bestimmten Regeln. So wird bei den wechselseitig abgegebenen Erklärungen beurteilt, wie die jeweils andere Partei unter Zugrundelegung objektiver Maßstäbe den Willen des jeweiligen Vertragspartners verstehen durfte. Also auch hier kommt es nicht auf einseitige Wunschvorstellungen an, es kommt auf den sogenannten objektiven Erklärungsempfängerhorizont an.

Dabei sind zunächst alle Umstände, die bei den Vertragsverhandlungen eine Rolle gespielt haben, mit hinzu zu ziehen. Kommt man nach diesen rechtlichen Maßstäben zu einer inhaltlichen Willensübereinstimmung, so ist grundsätzlich diese Willensübereinstimmung entscheidend. Unterliegt der Vertrag einem Formzwang, so prüft die Rechtsprechung im Anschluss an die Ermittlung des Willens der Parteien lediglich, ob dieser Wille in der Urkunde eine Andeutung gefunden hat, wobei diese Fragestellung bisweilen relativ großzügig beantwortet wird.

Sorgfältig verhandeln und formulieren

Daraus ergeben sich zwei Konsequenzen: Im Zuge der Vertragsverhandlungen sollte man sich immer vergewissern, dass einen der Vertragspartner auch so versteht, wie man es meint. Darüber hinaus ist strikt darauf zu achten, dass die Vorstellung, die man sich selbst vom Inhalt des Wortlautes des Vertrages macht, auch mit dem Wortlaut wirklich übereinstimmt.

Insbesondere bei notariellen Urkunden, die oft juristische Fachbegriffe enthalten, gilt daher die Devise, im Zweifel nachzufragen. Der sorgfältige Notar wird immer darauf bedacht sein, dass seine Mandanten den Inhalt der Urkunde verstehen und dass die Urkunden den Inhalt der vertraglichen Einigung auch wirklich widerspiegeln. Er wird daher Nachfragen immer offen und auskunftsbereit gegenüberstehen.

Für private Urkunden gilt, dass diese im Zweifel durch einen Anwalt zu überprüfen sind. Dieser kennt die Mechanismen der rechtlichen Auslegung von Erklärungen und kann daher beurteilen, ob der zwischen den Parteien gefundene Wortlaut einer Erklärung den Absichten der Parteien wirklich entspricht. Erfahrungsgemäß lassen sich sachgerechte Ergebnisse erzielen, solange die Parteien den Vertrag wollen und sich einig sind. Streitet man sich nachher, ist die Aufklärung des wirklichen Willens erheblich schwieriger.

Beweislast

Bezüglich der Beweislast gilt die einfache Regel, dass zunächst der Wortlaut des schriftlichen Vertrages die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Wer einen davon abweichenden Willen der Vertragsschließenden behauptet, hat diesen zu beweisen.