Hamburg (em/ab) Viele Unternehmen bemerken es längst: In Zeiten zunehmender Ungewissheit, regelmäßiger Trendbrüche und steigender Komplexität ist es gut, Unternehmensführung im Team zu organisieren, statt allein auf Charisma an der Spitze zu setzen. Aber der Teufel steckt im Detail: Zu oft wird nur eine formale Doppelspitze oder Managementrunde installiert, in der die anwesenden Manager ihre Ressorts vertreten und eifersüchtig darauf achten, dass jeder Schuster bei seinen Leisten bleibt.
Notwendig ist aber ein Team bestehend aus Führungskräften, die bewusst ihre Unterschiede nutzen und Bereichsgrenzen überwinden wollen. Denn Führungskräfte, die sich entschlossen haben, ein Führungsteam zu bilden, sind nicht nur erfolgreicher, sondern auch gelassener, in vielen Punkten weniger belastet und persönlich zufriedener als jene Gruppen von Managern, die sich nur als „Managementrunde“ verstehen. Damit dies gelingt, braucht es einen sechs Stufen Entwicklungsprozess:
1. Den Fokus weg vom Management hin zur Führung ausrichten Führungsteams entfalten ihre Wirksamkeit nur, wenn sie sich konsequent von Managementaufgaben verabschieden und stattdessen die Aufgabe der Führung ins Zentrum ihrer Tätigkeit stellen. Sie bleiben auf der Brücke und versorgen die Firma mit Neuem, Strategie, Vision, Markteinschätzung und Weitblick, während die Managementtechniker ihre Stärken im Maschinenraum einsetzen und Optimierungspotentiale heben.
2. Die Planung flexibel halten Pläne erhalten im Führungsteam eine neue Funktion: Sie sind nicht Ausdruck einer Planwirtschaft, in der sie sklavisch umzusetzen sind, sondern dienen dazu, zu diskutieren, zu ihnen Position zu beziehen und Alternativen und Szenarien zu entwickeln. Sie leiten an, Debatte und Innovation zu organisieren, statt nur stur festlegen zu wollen, was passieren muss! Hier ist es gut, wenn man nicht alleine ist, sondern die Vielfalt eines echten Führungsteams nutzen kann.
3. Die persönlichen Unterschiede im Führungsteam bewusst nutzen Die Praxis zeigt: Viele Teams an der Spitze sind durch Pseudokooperation, das heißt durch das Darstellen von Zusammenarbeit statt der eigentlichen gemeinsamen Sacharbeit, gekennzeichnet. Wirksame Führungsteams sind sich ihrer Unterschiede bewusst und nutzen diese. Damit dies gelingt, stellen sie sich den fünf typischen Befürchtungen, die die Arbeit im Führungsteam schwierig macht: Einsamkeit, Misstrauen, Harmoniestreben, Verlust des Lorbeerkranzes beziehungsweise Erhalten des Dornenkranzes und Egoismus.
4. Die „dunklen Themen“ Macht und Einfluss beleuchten Durch das Einlassen auf ein gemeinsames Führungsteam gibt jede Führungskraft ein Stück ihrer Autonomie auf, sorgt sich um ihre Interessen und fürchtet Macht- und Einflussverlust. Der gelassene Umgang mit Macht und Autorität ist für ein wirksames Führungsteam unabdingbar. Trotzdem wird das Thema „Umgang mit Macht“ in den meisten Unternehmen tabuisiert und im Umgang damit sind viele Führungskräfte unsicher. Unter anderem, weil sie das aktive Nutzen ihrer Gestaltungs- und Entscheidungsmacht irrtümlich mit einem einsamen, allwissenden und autoritären Verhalten gleichsetzen. So scheuen sich zum Beispiel manche Führungskräfte, „wenns brennt“ und ein schnelles, entschlossenes Handeln nötig wäre, ihre Entscheidungsmacht zu nutzen. Deshalb ist es wichtig, mit den im Team vorhandenen Macht- und Einflussdifferenzen nicht Spielchen zu treiben, sondern einen verbindlichen Umgang zu verabreden. „Heikles“ wird dann endlich im gemeinsamen Dialog, statt in bilateralen Hintergrundgesprächen besprochen. „Alphatier- Gehabe“ wird bewusst nur dort eingesetzt, wo es nützlich ist und echte Gegensätze werden so zugespitzt, dass sie mit Wertschätzung und Würdigung der Leistung des anderen ausgetragen werden.
5. Die Informationspolitik absichtsvoll betreiben Führungsteams planen die Inszenierung ihrer Informationspolitik bewusst und reden nicht nur einfach so drauf los. Dem klassischen Muster der Starallüren, das immer dann auftritt, wenn sich Führungskräfte vor allem darauf konzentrieren, wie sie persönlich „ankommen“, begegnen sie mit modernen, dialogorientierten Kommunikationsformaten wie Szenario-Technik, Sounding Board, World Café und Open Space.
6. Die Management Offsites zu wirksamen Rüstzeiten umbauen Auch in der Gestaltung ihrer Tagungen machen Führungsteams einen wirksamen Unterschied. Sie gehen nicht einfach mal nach draußen, sondern organisieren Team-Rüstzeiten, in denen durch neue Formate wie kollegiale Beratung, Lernreisen und „Staff Rides“ für die notwendige Störung der operativen Routine gesorgt wird. So halten sie das Team lebendig und produktiv. Ein funktionierendes Führungsteam braucht nämlich regelmäßige Pflege, denn die Gruppenentwicklung vollzieht sich eben nicht wie eine Bergtour, bei der man sich ausruhen könnte, wenn man irgendwann auf dem Hügel angekommen ist.