Die „Startbahn Existenzgründung“, die viele Jahre unzählige arbeitslose oder aus anderen Gründen nicht erwerbstätige Frauen und Männer auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleitet hat, wird geschlossen. Die WEP als langjährige autorisierte Startbahn-Beratungsstelle im Kreis Pinneberg bedauert, dass das Land Schleswig-Holstein und die EU dieses Förderprojekt ab 1. Januar 2022 nicht mehr fortsetzen. Der WEP Report hat Gudrun Kellermann, WEP Gründungsexpertin, dazu befragt.

Frau Kellermann, der Förderzeitraum für das erfolgreiche Projekt „Startbahn: Existenzgründung“ endet mit 2021. In die neue Förderperiode bis 2027 ist das Projekt nicht aufgenommen worden. Künftig wird es diese öffentliche Förderung für ALG I+II-Empfänger und für Erwerbslose, die sich selbstständig machen möchten, also nicht mehr geben. Warum nicht?

Im Europäischen Sozialfonds (ESF) und im Landesprogramm für Arbeit (LPA) Schleswig-Holstein, woraus die Fördermittel resultieren, werden zukünftig andere Förderprioritäten gesetzt. Die neuen Zielgruppen sind Hartz IV-Empfänger, also auch Flüchtlinge und Migranten, sowie Alleinerziehende. Diesen Menschen soll der Weg aus der Bedürftigkeit heraus geebnet werden. Weitere Schwerpunkte sind die Qualifizierung von Menschen ohne Ausbildung und die Fachkräfteausbildung und –bindung.

Das dreiwöchige intensive Gründungscamp der „Startbahn Existenzgründung“ ist die wichtigste Stütze für die Projektteilnehmenden. Zurzeit läuft das letzte Gründungscamp. Was ist das für ein Gefühl?

Eine gewisse Traurigkeit und großes Bedauern begleiten uns und unsere Dozenten, weil ein so großartiges Projekt nicht mehr stattfindet, und somit Existenzgründungsinteressierte sich die Infos zu allen gründungsrelevanten Themen zukünftig mühsam zusammen suchen müssen. Und auch viele Ex-Teilnehmer der Startbahn, die bereits gegründet haben, sind betrübt. Denn sie bedienen sich gern auch als Jungunternehmer immer noch unserer Expertise.

Findet das letzte Camp als Präsenzseminar oder Corona bedingt digital statt?

Das letzte Gründungscamp der WEP hat am 15. November begonnen und findet, wie schon etliche Camps zuvor, komplett online statt. Und unsere Online-Camps sind immer genauso gefragt wie die Präsenz-Veranstaltungen, weil unsere Dozenten sie genauso perfekt organisieren.

Wie viele Teilnehmer sind dabei und welche Ziele haben sie zum Beispiel?

Diesmal haben wir 15 Teilnehmende, im Oktober-Gründercamp waren es 17 Personen.

Onlinehandel, Coaching, Beratung zu Gesundheitsthemen, Alltagsbegleitung von älteren Menschen, Gastronomische Angebote wie Coffee-Bar und Imbisswagen sind aktuelle Gründungsthemen.

Sie sind unter anderem die Gründungsexpertin der WEP. Zum 31. Dezember 2021 endet nicht nur die Startbahn, Sie gehen auch in den Ruhestand. Wie viele Jahre haben Sie Existenzgründerinnen und -gründer beraten?

Seit 14 Jahren ist die WEP für den Kreis Pinneberg autorisierte Bratungsstelle für das Förderprojekt. Genauso lange bin ich für die Gründungsberatung verantwortlich.

Können Sie sagen, wie viele Gründungscamps Sie insgesamt organisiert haben, wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei waren welches die beliebtesten Wirtschaftsbereiche waren?

Ja, sicher. Insgesamt waren es 87 Gründungscamps und 1122 Projektteilnehmende – zufälligerweise genau geteilt in 561 Frauen und 561 Männer. Bevorzugter Gründungsbereich waren die Dienstleistungen.

Hat Ihnen die Corona-Pandemie besondere Schwierigkeiten oder gar Ausfälle in der Startbahn-Existenzgründungsberatung beschert und, wenn ja, wie haben Sie die gelöst?

Nein, wir hatten auch wegen der Corona-Pandemie kein Problem mit der Projektdurchführung und der Anzahl der Teilnehmenden. Im Gegenteil, das Interesse an der Beratung und den Gründungscamps ist eher gewachsen. Die über die Jahre immer aufrecht erhaltene hohe Qualität hat unseren guten Ruf begründet, der sich jetzt wohl besonders ausgezahlt hat.

Was bringt die Zukunft, ist es ab 2022 bei der WEP vorbei mit der Existenzgründungsberatung oder was erwartet potentielle Interessierte?

Existenzgründungsberatung ist für uns als Wirtschaftsförderung eine sehr wichtige Aufgabe, denn neue Betriebe sind ein unverzichtbarer Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg unserer Region. Deshalb wird es bei der WEP weiterhin die Existenzgründungsberatung mit einem Experten für diesen Bereich geben, allerdings in einer neuorganisierten Form. Genaueres dazu wird in einem der nächsten WEP Reports berichtet werden. Ich wünsche der neuen Gründungsberatung an dieser Stelle schon mal recht viel Erfolg und bedanke mich bei allen, die in all den Jahren geholfen haben, das Projekt „Startbahn Existenzgründung“ bei der WEP zu einem Erfolg zu machen.